HDTV: Verband der Kabelnetzbetreiber attackiert ARD

Werden viele Kabelhaushalte den Start des HDTV-Regelbetriebs von ARD und ZDF verpassen, weil sich die Rundfunkanstalten nicht mit den Kabelnetzbetreibern einigen können, wer die Kosten tragen soll? Die deutliche Kritik des Verbands der Kabelnetzbetreiber e. V. (ANGA) am ARD-Vorsitzenden lässt vermuten, dass es so kommen könnte.

Kunden von Unitymedia (NRW und Hessen) sowie von Kabel BW (Baden-Württemberg) können sich auf die Olympischen Winterspiele in HD-Qualität freuen, aber ob die Kunden des mit Abstand größten Kabelnetzbetreibers Kabel Deutschland die öffentlich-rechtlichen HDTV-Sender von Anfang an werden sehen können, wenn sie im nächsten Monat den Regelbetrieb aufnehmen, ist weiter ungewiss.

Nach einem Interview des ARD-Vorsitzenden Peter Boudgoust mit Infosat weist der Verband ANGA einige der dort getätigten Äußerungen scharf zurück. Die kostenlose Einspeisung der öffentlich-rechtlichen-HDTV-Programme in die Kabelnetze zu fordern, betrachtet der Kabelnetzbetreiber-Verband als einen unzulässigen Eingriff in die Geschäftsmodelle seiner Mitglieder.

Verbandspräsident Thomas Braun heute in einer Pressemitteilung: „Es ist eine durch nichts zu rechtfertigende und völlig inakzeptable Position, für die Verbreitung über Satellit und DVB-T viele Millionen Euro zu bezahlen, den Kabelnetzbetreibern aber jegliche Beteiligung an den Übertragungs­kosten verweigern zu wollen. Es sind die Fernsehveranstalter, die mit dieser Verweigerungs­hal­tung ihren Versorgungsauftrag verletzen. Dies sollte die Medienpolitik nicht länger dulden.“

Die Fernsehsender (sowohl öffentlich-rechtliche als auch private) stellen für die Programmverbreitung via Kabel nach Auffassung des ANGA schlechtere Bedingungen als für die Verbreitung über Satellit und das digitale Antennenfernsehen DVB-T. So entstünden den Kabelnetzbetreibern im Wettbewerb mit diesen Übertragungswegen große Nachteile. Bereits heute litten die Kabelnetzbetreiber unter den für die Zuschauer kostenlosen Angeboten via Satellit und DVB-T.

Das sei jedoch nur möglich, weil die Programmanbieter selbst alle Kosten für die Satelliten- und DVB-T-Verbreitung trügen. Durch den Start von HDTV-Programmen würde sich diese Ungleichheit verstärken, argumentiert man auf Seiten des ANGA. Politik und Regulierungsbehörden sollten diese Schädigung der Kabelbranche nicht weiter kommentarlos hinnehmen.

Was bedeutet das für die Fernsehzuschauer?
Beim HDTV-Showcase von ARD und ZDF zu Weihnachten hatten die Kunden von Kabel Deutschland schon Pech, was bei vielen Kunden mit HD-Fernseher für Enttäuschung sorgte. Startet das HDTV-Angebot von ARD und ZDF ohne die Zuschauer an den Kabelnetzen von Kabel Deutschland, könnte das Image der Firma großen Schaden nehmen. Man sollte nicht vergessen, dass die Fernsehsender am längeren Hebel sitzen, was die öffentliche Meinung angeht. Schließlich sind es die Medien, die ganz wesentlich dazu beitragen, wie die Nutzer einen Sachverhalt beurteilen.

Ich weiß, die meisten Fernsehzuschauer sehen es vermutlich ganz anders, doch völlig abwegig finde ich die Argumentation der Kabelnetzbetreiber nicht. Gerade die HDTV-Programme benötigen viel Bandbreite; neben dem einfachen digitalen TV-Signal und dem analogen TV-Signal nun noch ein drittes mit denselben TV-Inhalten parallel einzuspeisen, ist eh schon so eine Sache. Ein Abschalttermin für das analoge Fernsehen ist im Kabel ja noch nicht absehbar. Wenn die TV-Sender für die Ausstrahlung über Satellit und DVB-T zahlen, sich an den zusätzlichen Kosten für die Kabelverbreitung nicht beteiligen wollen, bedeutet das schon einen Wettbewerbsnachteil. Zum Ausgleich die Kosten für den Kabelanschluss zu erhöhen, würde die Wettbewerbsposition des Breitbandkabels als Übertragungsweg noch mehr verschlechtern, da liegt also nicht der Ausweg.

Gewinner des Streits könnten die IPTV-Anbieter wie die Deutsche Telekom mit T-Entertain sein, wenn frustrierte Kabelkunden sich angesichts fehlender HDTV-Programme nach Alternativen zum Kabelanschluss umschauen.

Über Oliver Springer 796 Artikel
Seit 2008 bin ich im Hauptberuf Blogger und schreibe für eigene Projekte und im Auftrag zu einer Reihe von Themen, darunter Telekommunikation, Medien, Video-on-Demand, Fernsehen, Kabelanschluss, IPTV, Instant Messaging, Musik und Kaffee. Als Serienfan interessiere ich mich besonders für Onlinevideotheken und Pay-TV. Vor meiner Zeit als Blogger hatte ich 14 Jahre lang als Moderator und Redakteur für den Radiosender JAM FM gearbeitet, wo ich später auch den Internetauftritt betreute.

2 Kommentare

  1. Die gesamte Thematik ist sehr heiß. Mit der Digital- u. HD-Ausstrahlung soll mächtig Kohle gemacht werden. Daher wird bereits für die werbefinanzierten Kommerzprogramme im Kabel meist eine Zusatzgebühr fällig (Grundverschlüsselung ohne HD). Doch der Kunde nimmt diese Angebote bisher nur ungenügend an. Da inzwischen viele Haushalte über HD-fähige Geräte verfügen, will man jetzt mit Gewalt versuchen über diese Schiene den Zuschauern kräftig in die Tasche zu greifen. Kabel Deutschland übernimmt hier nur eine Vorreiterrolle. Das Eis soll gebrochen werden um weitere Zusatzgebühren für Digital und HD, selbst für die ÖR-Sender einzuführen. Wenn das geschieht werden die anderen Kabel-, Satelliten-, DVB-T -Betreiber nachziehen – und nicht nur für HD-Ausstrahlung. Der Kunde hat aber die Macht und sollte sich weiterhin verweigern! Es ist nur eine Frage der Zeit, siehe Premiere. Was wird geschehen? Die ÖR-Sender wird es dann “frei” in HD geben und die Kommerziellen stellen die HD-Ausstrahlung ein (alternativ steigen die Werbeeinnahmen und sie können sich es auch leisten). Wer zahlen will bucht Pay-TV, auch o.k., aber nicht so! Die Programme werden davon nicht besser.

  2. Die einfachste Möglichkeit heißt der Kabel Deutschland kündigen, nur so versteht eine Firma, daß sie nicht gegen ihre Kunden arbeiten kann. Wer zwangsverkabelt ist kann auf IPTV umsteigen, der Rest auf Satellit.

    Was die KDG gerne verschweigt bei ihrer Argumentation, daß HD ja Bandbreite benötige ist,
    a) das Kabelnetz wurde in den 80er und 90er Jahren massiv mit Steuergeldern gefördert.
    b) zahlte die ARD hier weitere Gebühren an die Kabel Deutschland, würden vermehrt GEZ-Gelder dazu genutzt werden, um Privatunternehmen zu finanzieren. Die KDG möchte ihre Preise für die Kunden konstant halten, während die GEZ-Gelder steigen sollen?
    c) HDTV bringt einen kostenlosen Imagegewinn für die Kabelnetzbetreiber. Dafür, daß die KDG somit neue potentielle Kunden gewinnen kann, sollen die öffentlich rechtlichen Sender zahlen? Wenn wir uns die Situation mal andersherum ansehen, ARD und ZDF könnten genauso gut eine Einspeisung in das Netz der Kabel Deutschland untersagen, hat RTL und Sat1 beispielsweise vor Jahren im digitalen Bereich auch getan. Die Kabel Deutschland bekommt das Signal aber KOSTENLOS von der ARD und dem ZDF geliefert, sie müßte es nur noch einspeisen.
    In allen 3 Punkten ist das Verhalten der Kabel Deutschland für mich in keinster Weise rational nachvollziehbar und es grenzt einfach nur an Frechheit und Kundenfeindlichkeit!

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