Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz kritisiert Kabelnetzbetreiber – bald weniger TV-Programme?

Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz weist Fernsehzuschauer auf Alternativen zu Kabel-TV hin. Wenn sich die großen Kabelnetzbetreiber mit ARD und ZDF nicht bald auf eine Neuregelung der Einspeiseentgelte verständigen, können die Zuschauer unter Umständen ab dem neuen Jahr einige TV-Programme nicht mehr sehen.

Über den Streit zwischen ARD und ZDF auf der einen Seite und den großen Kabelnetzbetreibern auf der anderen Seite haben wir hier im Blog schon berichtet. Kurz gefasst geht es darum, dass die öffentlich-rechtlichen TV-Sender nicht mehr wie bisher sogenannte Einspeiseentgelte an die Kabelunternehmen entrichten wollen und bereits ihre Verträge zum Ende des Jahres gekündigt haben.

Mit dieser Gebühr sollten die TV-Sender sich ursprünglich an den Kosten für den Aufbau des Kabelnetzes beteiligen. Das war anfangs vielleicht ein gute Idee, doch inzwischen sind die Netze sozusagen „längst bezahlt“. Für die Kabelnetzbetreiber sind die Millionen von den Fernsehsendern gemessen an den Gesamtumsätzen zwar nur ein verhältnismäßig kleiner Betrag, aber auf den wollen sie verständlicherweise nicht verzichten.

Kabelnetzbetreiber bekommen von zwei Seiten Geld

Kritisiert werden die Kabelnetzbetreiber häufig dafür, doppelt zu kassieren: Neben den Einspeiseentgelten erhalten die Kabelunternehmen Gebühren von den Zuschauern. Ein gutes Argument der Kabelnetzbetreiber ist allerdings, dass die Sender für die Verbreitung ihrer TV-Signale via Satellit und DVB-T ebenfalls Geld bezahlen. Warum sollte hier ein bestimmter Verbreitungsweg benachteiligt werden?

Die beiden großen Unternehmen Kabel Deutschland und Unitymedia KabelBW drohen inzwischen damit, ihren Kunden ab Januar 2013 eine Reihe von öffentlich-rechtlichen TV-Sendern vorzuenthalten, falls ARD und ZDF kein Geld mehr für die Einspeisung ihrer Programme zahlen. Es ist zwar nicht zu befürchten, dass Das Erste oder das ZDF plötzlich nicht mehr via Kabel zu empfangen sein werden, denn diese haben wie einige andere einen sogenannten „must carry“-Status, müssen also auf jeden Fall eingespeist werden.

Wegfallen könnten aber zahlreiche „Dritte Programme“ aus jeweils anderen Bundesländern und kleine Digitalsender. Bei Unitymedia KabelBW setzt man bislang darauf, mit ARD und ZDF vor Jahresende doch noch eine einvernehmliche Lösung zu finden. Kabel Deutschland hat dagegen bereits juristische Schritte eingeleitet.

Erneute Kritik an Grundverschlüsselung

Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz erneuert ihre Kritik an der Grundverschlüsselung und sieht Verbraucher in ihrem und weiteren Bundesländern gegenüber denen in Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen benachteiligt. Grundverschlüsselung im Kabel bedeutet: Bis auf die öffentlich-rechtlichen TV-Kanäle werden alle Programme verschlüsselt und sind dann nur mit entsprechender Technik und Smartcard und oft nur mit zusätzlichen Kosten zu empfangen. Damit werden private Free-TV-Sender wie RTL, SAT.1, VOX und ProSieben technisch wie Pay-TV behandelt.

Kabelkunden in Baden-Württemberg hatten diesbezüglich schon immer Glück, denn bei Kabel BW gab es bereits vor dem Zusammenschluss mit Unitymedia (aktiv in Hessen und Nordrhein-Westfalen) keine Grundverschlüsselung. Das Kartellamt machte es zur Bedingung für die Fusion der beiden Kabelnetzbetreiber, die Grundverschlüsselung auch bei Unitymedia aufzuheben. Das wird im Januar geschehen. Kabel Deutschland will an der Grundverschlüsselung dagegen festhalten.

Eine strikte Aufteilung nach Bundesländern gibt es bei den Kabelnetzbetreibern allerdings nicht, was mancherorts die Lage kompliziert macht: „Während Kabel-Deutschland Kunden aus Mainz-Hechtsheim die verschlüsselten Programme in vielen Fällen nur gegen Aufpreis sehen können, empfangen beispielsweise Unitymedia KabelBW-Kunden aus Mainz-Kastel ihr Kabelprogramm unverschlüsselt und ohne Zusatzkosten“, nennt Michael Gundall von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz ein Beispiel.

Alternativen zu Kabel-TV

Wer sich über seinen Kabelnetzbetreiber ärgert, kann nicht zu einem anderen wechseln, denn für ein bestimmtes Gebiet ist jeweils nur ein Kabelunternehmen zuständig. Als Alternativen zu Kabel-TV führen die Verbraucherschützer deshalb die anderen Empfangswege Satellit, IPTV und DVB-T an. Aber sind das tatsächlich gute Alternativen zum Fernsehen über den Kabelanschluss?

Das DVB-T-Angebot ist generell deutlich kleiner als das am Kabelanschluss. Mancherorts sind sogar ausschließlich öffentlich-rechtliche TV-Sender zu sehen. In jedem Fall muss man beim digitalen Antennenfernsehen auf HDTV verzichten. Allein deshalb ist DVB-T als primärer Empfangsweg für viele Haushalte keine echte Alternative.

Sat-Empfang und IPTV dagegen bieten große Programmvielfalt inklusive Pay-TV und hochauflösendem Fernsehen. Abgesehen davon, dass viele Vermieter Satellitenschüsseln nicht mögen, fehlen zum Teil die technischen Voraussetzungen für Direktempfang von TV-Sendern via Satellit. Man braucht freie Sicht zum Satelliten.

IPTV setzt neben der Buchung des entsprechenden Tarifs einen schnellen Internetanschluss des jeweiligen IPTV-Anbieters voraus. Nachdem O2 im Frühling die Vermarktung von Alice-TV aufgegeben hat, stehen insofern nur noch die Deutsche Telekom mit Entertain und Vodafone mit Vodafone TV zur Wahl. IPTV ist inzwischen technisch ausgereift und keinesfalls eine Notlösung, aber man sollte sich für einen VDSL-Anschluss entscheiden.

Über Oliver Springer 796 Artikel
Seit 2008 bin ich im Hauptberuf Blogger und schreibe für eigene Projekte und im Auftrag zu einer Reihe von Themen, darunter Telekommunikation, Medien, Video-on-Demand, Fernsehen, Kabelanschluss, IPTV, Instant Messaging, Musik und Kaffee. Als Serienfan interessiere ich mich besonders für Onlinevideotheken und Pay-TV. Vor meiner Zeit als Blogger hatte ich 14 Jahre lang als Moderator und Redakteur für den Radiosender JAM FM gearbeitet, wo ich später auch den Internetauftritt betreute.

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