Lohnt sich die ZDFmediathek-App?

ZDFmediathek - Ausschnitt aus Screenhot
ZDFmediathek - Ausschnitt aus Screenhot

Vor nicht ganz zwei Wochen hat das ZDF seine App für die hauseigene Mediathek veröffentlicht. Die Nachfrage war von Anfang an groß, aber lohnt sich das eigentlich?

An Mediatheken, die den Abruf von Fernsehsendungen unabhängig von TV-Programmplänen über das Internet ermöglichen, haben sich viele von uns schon gewöhnt. Wenn man zum Ansehen der Inhalte nicht vor einem PC-Monitor Platz nehmen muss, sondern ein Abruf zusätzlich auf anderen Endgeräten möglich ist, bedeutet das einen großen Fortschritt. Wer möchte schon am Schreibtisch fernsehen oder sein Notebook auf den Couchtisch im Wohnzimmer stellen? Videos erfreuen sich auf Smartphones und Media-Tablets großer Beliebtheit, weshalb es nahe liegt, dass das ZDF den Zugiff auf seine Mediathek den Nutzern dieser mobilen Endgeräte ermöglicht. Seit knapp zwei Wochen steht eine App für Android-Smartphones, iPhone und iPad zur Verfügung. „Mit der Mediatheks-App bietet das ZDF das an, was es kann: Nachrichten und Unterhaltung in Bewegtbild“, so ZDF-Chefredakteur Peter Frey zur Einführung. „Eine immer mobilere Gesellschaft will sich zu jeder Zeit und auf allen Wegen seriös informieren können. Die Mediatheks-App des ZDF ist unsere Antwort darauf.“

Man findet sich schnell zurecht

Screenshot aus ZDFmediathek
Screenshot: Die ZDF heute-show ist über die App abrufbar

Die App erinnert in ihrem Erscheinungsbild stark an die aus dem Web bekannte ZDFmediathek, was die Orientierung stark erleichtert. Die Startseite bietet eine Auswahl aktueller Inhalte, doch am besten ruft man die Suche oder das Menü auf, wenn man schon weiß, was man sich ansehen möchte. Über das Menü gelangt man zu „Nachrichten“, „Sendung verpasst“, „Live“, „Sendungen A-Z“, „Rubriken“, „Themen“ und „Sender“. „Längst nutzen und schätzen die ZDF-Mediathek jeden Monat viele Millionen Menschen. Bei Inhalt und Design bleibt deshalb alles, wie es ist. Nur mobiler sind wir jetzt – wie die Gesellschaft, für die wir das Programm machen“, erklärte Eckart Gaddum, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Neue Medien.

Die Auswahl an Inhalten ist sehr groß, denn die App der ZDFmediathek ermöglicht den Zugriff auf das Video-on-Demand-Angebot, wie man es seit 2007 vom PC kennt. Hier finden sich nicht bloß TV-Inhalte aus dem ZDF-Hauptprogramm, sondern darüber hinaus eine Fülle von Sendungen aus den Programmen von ZDFneo, ZDFkultur, ZDFinfo und 3sat. Inhaltlich wird dem User also wirklich eine Menge geboten. Manche Sendungen wie die „heute“-Sendung um 19 Uhr und das „heute-journal“ sind sogar als Livestream abrufbar. Sinnvollerweise stehen für das Streaming die vier Qualitätsstufen „niedrig (bei GPRS)“, „mittel (bei EDGE)“, „hoch (bei UMTS)“ sowie „sehr hoch (bei WLAN)“ zur Auswahl.

Anderes Konzept als bei der App der Tagesschau

Anders als bei der von Verlegerseite stark kritisierten App der „Tagesschau“ konzentriert man sich bei der ZDFmediathek App auf Videos, anstatt ein umfangreiches Angebot zum Lesen zur Verfügung zu stellen. Deshalb findet sie sogar beim Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) Zustimmung:  „Wenn nach diesem Modell künftig alle öffentlich-rechtlichen Angebote auf Tablets und Smartphones gestaltet werden, dann ist der Konflikt zwischen Verlagen und den Rundfunksendern gelöst“, sagte kurz nach dem Start der Hauptgeschäftsführer des BDZV, Dietmar Wolff. Das ZDF konzentriere sich mit der App auf seinen originären Auftrag und seine Kernkompetenz.

ZDFmediathek-App mit Screenshot zu heute in 100 Sekunden
Screenshot aus der ZDFmediathek-App zu heute in 100 sec

Man kann somit davon ausgehen, dass hier erst einmal nicht mit Einschränkungen, sondern mit einem Ausbau des Angebots zu rechnen ist. Aber braucht man diese App überhaupt? Meiner Ansicht nach werden zu viele Apps für Angebote erstellt, die ähnlich gut bzw. sogar besser als für mobile Endgeräte optimierte Websites realisiert werden können. Das wird bei der ZDFmediathek-App besonders deutlich, denn unter m.zdf.de/mediathek existiert ja schon eine sehr gut gemachte mobile Website. Im Vergleich mit der App funktioniert diese deutlich „geschmeidiger“ und ist schneller.

Manches Problem der App (Zurück-Taste des Smartphones [unter Android getestet] funktioniert nicht, man muss das Programm über den Taskmanager schließen, reagiert träge, manche Menüpunkte funktionieren nicht…) wird bestimmt bald gelöst. Derzeit ist die mobile Website klar die bessere Alternative. Damit es sich lohnt, die App zu nutzen, müssen nicht bloß Fehler beseitigt werden. Sie benötigt sinnvolle zusätzliche Funktionen, die über die mobile Website nicht geboten werden. Angesichts des allgemein umsichgreifenden App-Wahnsinns erwarten die meisten Besitzer von Smartphones und Tablet-Computern wohl eine App, doch wie in so vielen Fällen gilt: Wozu Barrieren errichten und Nutzer anderer Betriebssysteme wie BlackBerry OS, Symbian, webOS und Windows Phone 7 ausschließen, wenn man etwas ebenso gut im Web realisieren kann?

Grafik links oben: ZDFmediathek – Ausschnitt aus Screenshot

Über Oliver Springer 796 Artikel
Seit 2008 bin ich im Hauptberuf Blogger und schreibe für eigene Projekte und im Auftrag zu einer Reihe von Themen, darunter Telekommunikation, Medien, Video-on-Demand, Fernsehen, Kabelanschluss, IPTV, Instant Messaging, Musik und Kaffee. Als Serienfan interessiere ich mich besonders für Onlinevideotheken und Pay-TV. Vor meiner Zeit als Blogger hatte ich 14 Jahre lang als Moderator und Redakteur für den Radiosender JAM FM gearbeitet, wo ich später auch den Internetauftritt betreute.

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