Telefon und Internet sind heute wichtiger denn je, aber die Netzbetreiber haben im Festnetzgeschäft mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen. Dabei hat die übertragende Datenmenge in den letzten Jahren explosionsartig stark zugenommen. Der Preiswettbewerb hat Sprach- und Datendienste so billig gemacht, dass nicht absehbar ist, woher bei den Telekommunikationsunternehmen das Geld für den dringend erforderlichen Ausbau der Netzinfrastruktur kommen soll.
Der Hightech-Verband BITKOM schätzt das Marktvolumen für den deutschen Festnetzmarkt in diesem Jahr auf 24,6 Milliarden Euro. Im Jahr 2005 wurden noch 31 Milliarden Euro umgesetzt, seither gingen die Umsätze in jedem Jahr zurück. Dieses Jahr beträgt das Minus der Prognose zufolge 2 Prozent. Zusammengerechnet hätte der deutsche Festnetzmarkt seit 2005 damit mehr als ein Fünftel (21 Prozent) seiner damaligen Größe eingebüßt. „Die Netzbetreiber haben seit 2005 mehr als 6 Milliarden Euro Jahresumsatz verloren“, sagt BITKOM-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Diese Mittel fehlen nun für dringend benötigte Investitionen in den weiteren Ausbau der Breitbandnetze.“
Das liegt in erster Linie am anhaltenden Preisdruck infolge des scharfen Wettbewerbs im deutschen Telekommunikationsmarkt, der mit Beginn der Liberalisierung einsetzte. 1997 kostete ein Inlandstelefonat tagsüber 31 Cent in der Minute, heute zahlt man in manchen Tarifen weniger 1 Cent pro Minute. Wollte man den USA anrufen, kostete das früher 74 Cent je Minute, inzwischen kann man auch in die USA für weniger als 1 Cent pro Minute telefonieren.
Telefon und Internet für wenig Geld
Doppel-Flat-Tarife für Internet und Telefon, bei denen neben einem pauschal bezahlten Internetzugang auch Telefongespräche zu Anschlüssen in ganz Deutschland bereits mit der Grundgebühr abgegolten werden, sind heute ab ungefähr 20 Euro monatlich erhältlich. Rohleder: „Keine andere Branche hat ihre Preise ähnlich stark gesenkt wie die Telekommunikation. Gleichzeitig wurden mehr als 100 Milliarden Euro in die Netze investiert und die Leistungen für die Kunden vervielfacht. Dies ist absolut einzigartig.“ Für den Aufbau einer leistungsfähigen Glasfaserinfrastruktur, wie sie in Zukunft benötigt wird, werden jetzt etwa 80 Milliarden Euro benötigt.
„Die Kunden verlangen immer schnellere Internetanschlüsse, nicht nur in den Großstädten, sondern auch im ländlichen Raum. „So hat sich das Verkehrsvolumen im Breitband laut Bundesnetzagentur allein zwischen den Jahren 2005 und 2011 verfünffacht“, heißt in der BITKOM-Pressemitteilung. Es gibt heute mehr Nutzer mit schnellen Internetzugängen, etwa 82 Prozent der Haushalte haben einen Breitbandanschluss. Dieser Wert ist allerdings problematisch, denn ob ein Anschluss schnell oder langsam ist, lässt sich nicht allgemein sagen. Was vor wenigen Jahren noch als schnell empfunden wurde, reicht für manche heutige Anwendungen gar nicht mehr aus.
Messen lässt sich dagegen das durchschnittliche Datenvolumen pro Anschluss, welches von monatlich 6,4 GB in 2005 auf heute monatlich 20 GB angewachsen ist (der BITKOM bezieht sich auf Angaben der Bundesnetzagentur). Wer das Internet intensiv nutzt, reicht damit allerdings nicht einmal einen Tag. Rohleder: „Ein Heavy User braucht um den Faktor 1.000 mehr Netzkapazität als jemand, der nur hin und wieder das Internet nutzt. Netzkapazität hat ihren Preis. In der gegenwärtigen Diskussion um neue Tarifmodelle wird dies zuweilen vergessen.“ Hierzu muss man wissen: Seit letzter Woche steht die Deutsche Telekom von vielen Seiten massiv in der Kritik, weil sie künftig keine Internet-Flatrates mehr anbieten, sondern nach Erreichen eines gewissen Datenvolumens die Bandbreite auf ein Minimum reduzieren möchte. Wer mehr Traffic benötigt, soll extra zahlen.
Große Chance für Kabelnetzbetreiber
Davon könnten, wie wir hier im Blog neulich geschrieben haben, vor allem den Kabelnetzbetreiber profitieren. Diese haben nun die Chance, Kabelinternet als DSL-Alternative stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. Die Kabelunternehmen haben in den vergangenen Jahren viel in ihre Netzinfrastruktur investiert und bieten deshalb auch in vielen ländlich geprägten Regionen Highspeed-Internet mit bis zu 100 MBit/s (zum Teil sogar noch mehr) an. Aufgrund technischer Gegebenheiten müssen die Kabelnetzbetreiber beim Netzausbau nur selten umfangreiche Bauarbeiten vornehmen, was den Ausbau in der Fläche zu überschaubaren Kosten ermöglicht. Mit der heutigen Technik können die Kabelnetzbetreiber schon Übertragungsraten von bis zu 400 MBit/s erreichen. Steigt der Bandbreitenbedarf in den nächsten Jahren, können entsprechende Tarife schnell eingeführt werden.
Auf lange Sicht dürfte für alle Anbieter allerdings kein Weg an Glasfaseranschlüssen vorbeiführen, denn nur damit sind Bandbreiten im Gigabit-Bereich möglich. Reicht die Glasfaserverbindung dabei bis in die Wohnung der Anschlussinhaber, spricht man von Fibre to the Home (FTTH). In Deutschland gibt es nur an sehr wenigen Orten bereits FTTH-Anschlüsse. Deutschland liegt bei Glasfaseranschlüssen im europäischen Vergleich so weit zurück, dass es in der aktuellen Statistik des FTTH Council Europe nicht einmal genannt wird. Erfasst werden nämlich nur Länder mit einer Abdeckung ab 1 Prozent und wenigstens 200.000 Anschlüssen.
Teurere Tarife für Heavy User lösen das Problem nicht
Es liegt auf der Hand, dass bei sinkenden Preisen im Festnetzmarkt kein flächendeckender Netzausbau möglich ist, jedenfalls nicht, wenn die Unternehmen diesen selbst finanzieren müssen. Zusätzliche Gebühren für Vielnutzer helfen hier allerdings kaum weiter: Laut Deutscher Telekom wären nach derzeitigem Stand nur etwa 3 Prozent ihrer Kunden von der geplanten Brandbreiten-Drosselung betroffen. Mit Blick auf die steigenden Traffic-Zahlen ist zwar davon auszugehen, dass es ab 2016 (dieses Jahr nennt die Telekom als voraussichtlichen Beginn der Drosselung) mehr als 3 Prozent sein werden. Aber: Selbst wenn jeder dritte der 55 Millionen Internetnutzer in Deutschland jeden Monat 10 Euro extra zahlen müsste, kämen so pro Jahr nur etwa 2 Milliarden Euro zusammen.
Einen 80-Milliarden-Euro-Netzausbau kann man so nicht finanzieren. Angesichts der großen gesamtwirtschaftlichen (und gesellschaftlichen) Bedeutung des Internets spricht vieles dafür, den Netzausbau in erheblichem Umfang mit Steuermitteln zu unterstützen. Für Straßen, Wasserwege und Flughäfen wird schließlich ebenfalls Steuergeld investiert. Es geht dabei nicht zuletzt um die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.
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