Gestern Abend fand der Bieterkampf um Kabel BW ein Ende. Der Kabelnetzbetreiber aus Baden-Württemberg wird vom US-Konzern Liberty Global Inc. gekauft, dem in Deutschland bereits Unitymedia gehört. Fraglich ist allerdings, wie die Kartellwächter reagieren werden.
In der ersten Monatshälfte bereitete der drittgrößte deutsche Kabelnetzbetreiber noch einen Börsengang vor. Vorgesehen war eine Notierung im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse im ersten Halbjahr 2011.“Wir sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen, arbeiten hochprofitabel, und wollen bei Umsatz und Gewinn weiterhin kräftig wachsen“, wurde Harald Rösch, Vorsitzender der Geschäftsführung von Kabel BW“, in diesem Zusammenhang noch in einer Presseinformation vom 11. März zitiert.
Schwieriges Börsenumfeld
Angesichts der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland war es sinnvoll, trotz des Interesses mehrerer Bieter den Gang aufs Parkett vorzubereiten. Angesichts der zwischenzeitlichen Ereignisse in Japan und der Eskalation der Lage in Libyen wäre ein Börsengang nun jedoch mit deutlichen zusätzlichen Risiken behaftet gewesen. Insofern ist es verständlich, wenn die Investoren nun auf einen Direktverkauf setzen, zumal der Kaufpreis ziemlich hoch ausfällt.
Kaufpreis beträgt 3,16 Milliarden Euro
Beinahe hätte der bisherige Eigentümer, der schwedische Finanzinvestor EQT, den 2006 erworbenen Kabelnetzbetreiber an den Finanzinvestor CVC Capital Partners veräußert. Dieser bot zuletzt 2,95 Milliarden Euro für Kabel BW. Überraschend überboten wurde dieser nun durch Liberty Global Inc. Der von John Malone geführte internationale Medienkonzern (z. B. Discovery Networks) und Breitbandanbieter lässt sich die Übernahme der Nummer drei im deutschen Kabelmarkt die stolze Summe von 3,16 Milliarden Euro kosten. Die Übernahme soll in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen werden.
Liberty Global gehört bereits Unitymedia
Da Liberty Global bereits 2009 mit Unitymedia die Nummer zwei im deutschen Kabelmarkt übernommen hatte, bleibt allerdings abzuwarten, ob dem Kauf nicht wettbewerbsrechtliche Hürden im Weg stehen. Bedenken auf Seiten des Kartellamts gegen eine weitere Konzentration im Bereich der Kabelnetzbetreiber sind zwar einerseits verständlich, wenn sich das zweitgrößte und das drittgrößte Unternehmen in einer Hand befinden.
Allerdings sind die Kabelnetzbetreiber in den von ihnen jeweils versorgten Gebieten sowieso Monopolisten und konkurrieren nicht miteinander. Das Hauptproblem des fehlenden Wettbewerbs untereinander besteht also schon lange.
Telekommunikationsunternehmen sind Konkurrenten
In starker Konkurrenz befinden sich die Kabelunternehmen dagegen mit den Telekommunikationsunternehmen, denn Telefonieren und Surfen über den Kabelanschluss hat sich dank hoher Investitionen in den Netzausbau zu einer interessanten Alternative entwickelt. Kabel BW bietet in seinem Netz bereits seit Mitte vorigen Jahres beinahe flächendeckend Bandbreiten von bis zu 100 MBit/s im Downstream an. Das ist doppelte VDSL-Geschwindigkeit, wobei zu bedenken ist, dass die schnellen VDSL-Anschlüsse vor allem in Großstädten zu bekommen sind. Die Kabelnetzbetreiber greifen die Telekommunikationsunternehmen sowohl mit höheren Bandbreiten als auch „in der Fläche“, wo teilweise nicht einmal herkömmliches DSL verfügbar ist, an.
Zudem geht der Trend zu Triple-Play-Angeboten, bei denen Telefon, Internet und Fernsehen in einem Paket offeriert werden. Dank ihrer IPTV-Plattform Entertain kann die Deutsche Telekom hier mit attraktiven TV-Inhalten dagegenhalten. HanseNet kann durch Alice TV ebenfalls Triple-Play im Komplettpaket anbieten. Seit dem Start von Vodafone TV im vorigen Monat bietet ein drittes großes Telekommunikationsunternehmen Telefonanschluss, Internetzugang und Fernsehen aus einer Hand.
Preislich attraktiv für den Endkunden sind die Triple-Play-Angebote der Kabelnetzbetreiber nicht zuletzt deshalb, weil die meisten Mieter nicht ganz auf einen vorhandenen Kabelanschluss verzichten dürfen; die Gebühren für den analogen Kabelanschluss werden meist über die Wohnungsmiete abgerechnet. Rechnet man diese Kosten hinzu, sind die Preise für Triple-Play über den Kabelanschluss gar nicht mehr so attraktiv; solange Mieter diesbezüglich aber keine freie Wahl haben, verfügen die Kabelnetzbetreiber über einen großen Vorteil im Wettbewerb mit den Telekommunikationsunternehmen.
Kabelnetzbetreiber befinden sich in sehr guter Position
In einer guten Position sind sie schließlich aus einem weiteren Grund: Ein Netzausbau ist für die Kabelunternehmen vergleichsweise einfach, weil kaum Bauarbeiten zum Verlegen neuer Kabel erforderlich sind. So können sie relativ günstig ihre Netze aufrüsten, um sehr hohe Internetgeschwindigkeiten zu ermöglichen. Die bei Kabel BW erhältlichen 100-MBit/s-Anschlüsse sind nur der Anfang, deutlich höhere Geschwindigkeiten können den Kunden angeboten werden, sobald ein entsprechender Bedarf festgestellt wird. Der (übrigens ebenfalls zu Liberty Global gehörende) schweitzer Kabelnetzbetreiber Cablecom erreichte in einem Test letzten Monat sogar eine Datenrate von 1,37 GB/s.
Vor diesem Hintergrund stellt der schleppende Netzausbau bei bis in die Wohnungen reichenden Glasfaseranschlüssen (FTTH) auf mittlere Sicht ein ernstes Problem für die Telekommunikationskonzerne dar, denn ihre Wettbewerbsfähigkeit ist bedroht. Die Kabelnetzbetreiber befinden sich dagegen in einer sehr komfortablen Situation, sodass man davon ausgehen kann, dass der von Liberty Global für Kabel BW zu zahlende Preis von 3,16 Milliarden Euro für die nur rund 3,6 Millionen Kabelhaushalte auf lange Sicht eine gute Investition darstellt.
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