Vor allem junge Leute verbringen viel Zeit mit YouTube-Videos, aber das Videoportal ist in Deutschland inzwischen für alle Altersgruppen ein häufig genutztes Angebot. Einer aktuellen Studie zufolge schauen sich 80 Prozent der 18- bis 29-jährigen Onliner mindestens einmal pro Woche ein YouTube-Video an, 40 Prozent sogar täglich.
Wenn von Video-on-Demand die Rede ist, geht es meist um Onlinevideotheken und Mediatheken von Fernsehsendern. Übersehen wird dabei die enorme Anziehungskraft von Videoportalen wie YouTube.
Anfang der Woche hatte das Beratungsunternehmen Goldmedia Daten zu den meistgenutzten kostenpflichtigen Video-on-Demand-Diensten veröffentlicht, nun legt Goldmedia Research mit Daten zur YouTube-Nutzung nach. Im Februar 2015 wurden dazu in Deutschland online 1.120 Internetuser zwischen 18 und 69 sowie 400 Eltern mit Kindern zwischen 6 und 12 Jahren befragt.
Ohne Frage: Junge Menschen sehen sich weit öfter YouTube-Videos an als ältere, aber selbst die Onliner ab 50 Jahren schauen sich mehrmals pro Monat Videos über die Plattform an. Von den 18- bis 29-jährigen Teilnehmern an der Befragung gehören 40 Prozent zu den täglichen Nutzern, von den 30- bis 49-jährigen 16 Prozent und von den Teilnehmern ab 50 zumindest 8 Prozent.
Große Mehrheit guckt mehrmals im Monat
30 Prozent der 18- bis 29-jährigen Teilnehmer gucken sich sogar mehrmals täglich YouTube-Videos an, bei den 30- bis 49-jährigen sind es 10 Prozent und bei den Umfrageteilnehmern ab 50 nur 5 Prozent. Allerdings nutzt das Videoangebot jeder zweite Befragte mindestens einmal in der Woche, bei den 18- bis 29-jährigen trifft das sogar auf 80 Prozent zu! Mindestens einmal im Monat nutzen 98 Prozent der Befragten im Alter zwischen 18 und 29 Jahren das Videoportal, bei den 30- bis 49-jährigen sind es 94 Prozent und bei den Teilnehmern ab 50 Jahren immerhin 82 Prozent – ebenfalls die ganz große Mehrheit.
Auch bei den Kindern der Umfrageteilnehmer gehört bereits die Mehrheit zu den YouTube-Nutzern. Dabei leistet sich fast die Hälfte der befragten Eltern ein Abo bei einer kostenpflichtigen Onlinevideothek, welches von 87 Prozent in erster Linie für die Kinder bzw. die gemeinsame Nutzung mit den Kindern gedacht ist.
Im Nutzungsverhalten von Männern und Frauen zeigten sich Unterschiede: Zwar gehören 11 Prozent der Befragten beiderlei Geschlechts zu den täglichen YouTube-Usern, aber mindestens einmal pro Woche sehen sich nahezu 60 Prozent der Männer, jedoch nur 43 Prozent der Frauen Clips auf dem Portal an. Zudem haben 27 Prozent der männlichen, aber nur 21 Prozent der weiblichen Befragten Kanäle des Portals abonniert. Andererseits: Die männlichen Abonnenten haben durchschnittlich nur 12, die weiblichen 28 Kanäle abonniert. Die Befragten ab 50 Jahren verzichten weitgehend auf das Abonnent von YouTube-Channels, nur 11 Prozent nutzen die Funktion überhaupt. Demgegenüber sind Channel-Abos bei den 18- bis 29-jährigen Teilnehmern sehr weit verbreitet, im Durchschnitt wird 30 Kanälen gefolgt.
Sogar eine regionale Auswertung hat Goldmedia Research vorgenommen. Demzufolge sehen sich 83 Prozent der Teilnehmer aus Hamburg und 73 Prozent der Teilnehmer aus Bremen mehrmals im Monat Videos bei YouTube an. Bei den Teilnehmern aus Sachsen sind es 71 Prozent, bei denen aus Niedersachsen 69 Prozent und bei solchen aus Nordrhein-Westfalen 68 Prozent. Bei den Befragten aus dem Saarland und Brandenburg liegt dieser Wert bei lediglich 53 Prozent.
Konkurrenz für Free-TV-Sender
Vor dem Hintergrund, dass YouTube erst vor zehn Jahren online ging, sind das sehr beeindruckende Zahlen. Vermutlich ist die Zahl der YouTube-Nutzer sogar noch höher, weil nicht jedem Befragten bewusst sein dürfte, was es mit in andere Websites eingebetteten Videos auf sich hat. So oder so, die Google-Tochter, die laut Wall Street Journal immer noch nicht zum Gewinn des Konzerns beiträgt, hat (nicht nur hierzulande) eine gigantische Reichweite. Mit den werbefinanzierten (oder einfach so gratis angebotenen) Inhalten sind YouTube und ähnliche Portale eine Konkurrenz fürs lineare Free-TV.
Ob die veränderten Sehgewohnheiten für die Sender zum Problem wird, lässt sich schwer abschätzen. Einerseits ist kaum vorstellbar, dass sich in zehn oder zwanzig Jahren immer noch Millionen Menschen gleichzeitig vor den Fernseher setzen, um sich einen Spielfilm, eine Serie oder Dokumentation anzusehen, also Inhalte ohne Live-Charakter, wenn jederzeit alles auf Abruf erhältlich ist. Andererseits können die Anbieter von Inhalten beim Videostreaming ihr Geschäftsmodell aus dem Free-TV weitgehend beibehalten. Besser noch: Die jeweils gezeigte Werbung kann ohne große Streuverluste passend zum jeweiligen Zuschauer ausgewählt werden.
Die Werbeblöcke der Privatsender sind nicht zuletzt deshalb ziemlich lang, weil sie nicht passgenau ausgewählt werden, sondern Millionen dasselbe sehen müssen. Ein Großteil der Spots ist für den einzelnen Zuschauer irrelevant (oder schlimmer …), was sich negativ auf Akzeptanz von bzw. Interesse an TV-Werbung auswirkt. Würden pro Werbeblock beispielsweise nur zwei oder drei gut zu den Interessen/Bedürfnissen des einzelnen Zuschauers passende Werbespots gezeigt, wären die Zuseher viel aufgeschlossener gegenüber der Werbung. Für Medienunternehmen, die heute TV-Sender betreiben, wird es damit allerdings noch sehr viel wichtiger als heute, eigene Inhalte zu produzieren – nicht allein, weil andere Produzenten nicht mehr auf Fernsehsender für die Verbreitung angewiesen sind, sondern besonders deshalb, weil es viel mehr Produzenten gibt.
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