Immer mehr Haushalte in Deutschland sind für digitales Fernsehen ausgerüstet, schon 41 Prozent der Fernsehhaushalte sind in der Lage, Digital-TV zu empfangen. Im Vergleich mit seinen europäischen Nachbarn liegt Deutschland allerdings klar zurück bei der Digitalisierung.
Immerhin um sieben Prozentpunkte erhöhte sich der Digitalisierungsgrad der Fernsehhaushalte in Deutschland im vergangenen Jahr, geht aus einer Presseinformation des ZDF hervor. In 41 Prozent der Haushalte besteht nun zumindest die Möglichkeit, digitales Fernsehen zu empfangen. Das ist mit Blick auf die von verschiedenen Seiten angestrebte Analog-Abschaltung von Bedeutung.
Große Sportereignisse wie die Olympischen Winterspiele und die Fußball-Weltmeisterschaft bringen dieses Jahr mehr Dynamik in die Digitalisierung. Laut ZDF-Intendant Markus Schächter seien „bis zur Abschaltung der analogen Satellitenverbreitung im Frühjahr 2012″ von den Marktbeteiligten noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Schächter: „Wenn wir nicht auf Jahre hinaus abgehängt werden wollen, brauchen wir den schnellstmöglichen Umstieg auf die ausschließlich digitale Fernsehverbreitung. Sie ist die technische, ökonomische und damit nicht zuletzt programmliche Grundlage aller weitergehenden Überlegungen für das Fernsehen der Zukunft“.
Die Nachbarländer Deutschlands sind beim Umstieg auf digitales Fernsehen zum Teil schon viel weiter. Spitzenreiter ist Großbritannien mit 88 Prozent Digitalhaushalten. Die Entwicklung in Deutschland ist dagegen unterdurchschnittlich.
Eine Analog-Abschaltung beim Satellitendirektempfang wäre zwar ein wichtiger Schritt, aber es gibt deutlich mehr Kabelhaushalte. Der Chef des größten deutschen Kabelnetzbetreibers verteidigte gerade erst den analogen Kabelempfang: Gegenüber den „VDI nachrichten“ sagte er zur Digitalisierungsquote von bloß 20 Prozent bei Kabel Deutschland, dass sich der Anbieter am Markt orientieren müsse. Viele Kunden würden „die Einfachheit des analogen Angebots schätzen“. Bei den direkten Endkunden von Kabeldeutschland liege die Digitalisierungquote schon bei 24 Prozent, bis Ende des Jahres werden 36 Prozent angestrebt.
Außerdem biete die Infrastruktur ausreichend Bandbreite, um analoges und digitales Fernsehen parallel im Kabel anzubieten. Das klingt nicht danach, als ob es Kabel Deutschland mit einer Abschaltung des analogen Fernsehens irgendwie eilig hätte.
Sich an der Nachfrage der Kabelkunden zu orientieren, ist natürlich nicht falsch, doch die Frage ist, wie viele Fernsehzuschauer überhaupt wissen, welche Programmvielfalt ihnen ein digitaler Kabelanschluss bietet. Wer als analoger Kabelkunde nicht weiß, was ihm entgeht, kann es nicht vermissen. Was aus dem großen Programmangebot genutzt wird, ist noch eine andere Frage. Das ZDF betont in diesem Zusammenhang: „Mehr Zuschauer hätten zwar mehr Programme zur Verfügung, sie nutzen die zusätzlichen Senderangebote aber nur in sehr geringem Maße.“
Meine Einschätzung dazu lautet: Abgesehen davon, dass sich Sehgewohnheiten nicht über Nacht ändern, wissen auch viele Fernsehzuschauer mit digitalem Kabel- oder Satellitenempfang nicht, was sie sich alles ansehen können. Die Programmzeitschriften zementieren durch die sehr ungleiche Berücksichtigung der verschiedenen Sender diese Sehgewohnheiten geradezu.
Und nur mal als Gedankenexperiment: Wie würde es sich wohl auswirken, wenn Fernsehgeräte nach dem Einschalten statt Programmplatz 1 anfangs immer einen anderen, zufällig ausgewählten TV-Kanal aus dem gesamten zur Verfügung stehenden Angebot einstellen würden?
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