ZVEI verteidigt CI Plus

Bei CI Plus sind die Einschränkungen bei HDTV am größten. Bei HD+ Receivern sowie bei Receiver mit CI Slot haben die Fernsehzuschauer zumindest die Möglichkeit, überhaupt mit Kopierschutz versehene HDTV-Sendungen aufzuzeichnen. Der Verband ZVEI verteidigt jetzt die Schnittstelle CI Plus, die in vielen Geräten zum Einsatz kommt.

Werbung bei Aufzeichnungen mit digitalen Videorekordern nicht überspringen zu können, ist für viele Fernsehzuschauer schlimm genug. Werden sich die an die Vorteile digitaler Videorekorder gewöhnten Verbraucher dann dazu motivieren lassen, Fernsehgeräte und Receiver mit der Schnittstelle Common Interface Plus (CI Plus) zu kaufen, auf die zahlreiche Gerätehersteller setzen? CI Plus Receiver können HD+ Sendungen überhaupt nicht aufzeichnen.

Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) hebt heute in einer Pressemitteilung hervor: „Zeitversetztes Fernsehen ist mit CI Plus immer möglich“. Zusammen mit einem passenden Modul können über Geräte mit CI Plus-Schnittstelle für 90 Minuten Sendungen zwischenspeichern. Klingelt es an der Tür oder kommt ein Anruf rein, drückt man einfach die Pausetaste und schaut weiter fern, wenn die Störung vorbei ist. Niemand muss mehr die spannendste Stelle eines Films verpassen, weil er dringend zur Toilette muss.

Abgesehen von solchen Anwendungsfeldern eignet sich Time-Shift jedoch vor allem dazu, Werbeblöcke zu überspringen, indem man der Sendung sozusagen ein paar Minuten Vorsprung gibt, man also einen um 20:15 Uhr beginnen Spielfilm erst um 20:30 Uhr anzugucken beginnt. Das allerdings ist bei HD+ sowieso nicht mehr möglich, Werbung muss man sich ansehen, jeden einzelnen Spot, das Vorspulen wird einem von den Sendern verboten.

Schlimm genug? „Richtig ist, dass nicht alle Sendungen über CI Plus über die 90 Minuten hinaus gespeichert werden können“, räumt der ZVEI ein. Die Entscheidung darüber, das TV-Signal auf diese Weise zu schützen, liege jedoch bei den Fernsehsendern. Die TV-Sender entscheiden, ob der Zuschauer eine HDTV-Sendung aufnehmen darf oder nicht. Dazu versieht er das Sendersignal mit einem Zusatzsignal, welches die Endgeräte der Hersteller lediglich „neutral“ auswerten würden, meint der ZVEI.

Das klingt nicht danach, als ob man beim ZVEI völlig hinter diesen Einschränkungen für die Fernsehzuschauer stünde. Die Zufriedenheit der Kunden sollte aus Sicht der Industrie stets im Vordergrund stehen. Dabei müssten jedoch Geschäftsmodelle und Urheberrechte beachtet werden. „Bei der Entwicklung der CI Plus Schnittstelle wurde die verbraucherfreundliche Regelung getroffen, dass zeitversetztes Fernsehen im Rahmen von 90 Minuten trotz Signaleinschränkungen der Sender möglich sein soll. “

Glaubt man beim ZVEI wirklich, dass es sich hierbei um eine Lösung im Sinne der Verbraucher handelt? Glaubt man tatsächlich, dass man einen Videorekorder verkaufen kann, mit dem die HD-Versionen der Sender RTL, VOX, Sat.1, kabel eins sowie ProSieben überhaupt nicht aufgenommen werden können?

„Konsumenten erwarten, Fernsehgeräte im Handel frei auswählen und eine möglichst große Vielfalt an Programmen unkompliziert nutzen zu können“, glaubt Hans-Joachim Kamp, ZVEI-Vizepräsident und Vorsitzender des Fachverbands. „Obwohl in modernen Fernsehgeräten die Empfänger bereits integriert sind, mussten Kunden bislang für den Empfang digitaler verschlüsselter Programme eine vom Kabelnetz- oder Plattformbetreiber vorgegebene, zusätzliche Box mieten oder kaufen. Eine Wahlfreiheit ermöglicht jetzt CI Plus. In den nächsten Wochen werden sowohl für das HD+ Paket von Astra als auch für die digitalen TV-Sender von Kabel Deutschland entsprechende Module zum Kauf angeboten.“

Damit spricht Hans-Joachim Kamp in der Tat ein Problem an. Fernsehgeräte, die ohne zusätzlichen Receiver die meisten Fernsehprogramme gar nicht empfangen können, sind wirklich nicht im Sinne der der Käufer. Doch stattdessen für die CI Plus-Schnittstelle noch das passende Modul kaufen sowie eine Smart Card zu besorgen zu müssen, kann wohl kaum als große Verbesserung gefeiert werden. Ganz besonders problematisch ist das mit Blick auf die Nutzung mehrere TV-Geräte in einem Haushalt.

Der ZVEI jedenfalls setzt sich für die schnelle Einführung von CI-Plus-Modulen für alle Plattformen ein. Damit wolle man den Verbrauchern „größtmöglichen Nutzungskomfort“ ermöglichen, ohne dass sie auf Programmvielfalt oder gute Bildqualität verzichten müssten.

Mir ist schon klar, dass der ZVEI den einschlagenen Weg bei CI Plus verteidigt. Aber: Geht das nur mir so, oder findet noch jemand, dass Formulierungen wie größtmöglicher Nutzungskomfort wie eine Provokation klingen?

Über Oliver Springer 796 Artikel
Seit 2008 bin ich im Hauptberuf Blogger und schreibe für eigene Projekte und im Auftrag zu einer Reihe von Themen, darunter Telekommunikation, Medien, Video-on-Demand, Fernsehen, Kabelanschluss, IPTV, Instant Messaging, Musik und Kaffee. Als Serienfan interessiere ich mich besonders für Onlinevideotheken und Pay-TV. Vor meiner Zeit als Blogger hatte ich 14 Jahre lang als Moderator und Redakteur für den Radiosender JAM FM gearbeitet, wo ich später auch den Internetauftritt betreute.

2 Kommentare

  1. 90 Minuten speichern? Das wird Leute mit Schicharbeit freuen, die damit mal ÜBERHAUPT nichts anfangen können.
    Also ist die Aussage, dass Timeshift immer geht, totel falsch!

  2. Time-Shift bedeutet ja, dass man noch während der laufenden Sendung wieder weitergucken kann.

    Wird man unterbrochen, z. B. wenn die bestellte Pizza geliefert wird, drückt man auf Pause und kann dann gleich wieder an dieser Stelle das Anschauen fortsetzen. Mit einem normalen Videorekorder müsste man warten, bis die Sendung zu Ende ist und könnte dann erst die Aufnahme ansehen.

    Aber wir sind uns einig, dass das absolut nicht das ist, was sich die Fernsehzuschauer wünschen. Der Trend geht schließlich dahin, dass man sich selbst aussucht, wann man sich eine Sendung ansehen möchte.

    Für die werbefinanzierten Sender ist das ein großes Problem, aber gegen die Interessen der Zuschauer zu handeln, ist keine gute Lösung.

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