WATCHEVER mit neuem Design und neuer Struktur

Reicht das für den großen Relaunch?

Neue Homepage von WATCHEVER | Screenshot: Redaktion

Immerhin ein Lebenszeichen: Um WATCHEVER war es still geworden, seit beim Thema Onlinevideotheken Netflix und Amazon die Berichterstattung dominieren. Das lag allerdings auch an fehlenden Neuerungen bei WATCHEVER. Ende September 2015 hat der Video-on-Demand-Dienst jetzt den Relaunch gewagt.

Als der Medienkonzern Vivendi im Januar 2013 WATCHEVER an der Start brachte, war der deutsche Markt noch nicht hart umkämpft. Zwar gab es ein ähnliches Angebot seit Jahren von der ProSiebenSat.1-Tochter maxdome, aber das kostenpflichtige Streamen von Filmen und Serien war ein Nischenthema.

Das begann sich in Deutschland Chromecast, Smart TVs, Nintendo Wii und in einer LITE-Version auf Android Smartphones) verfügbaren Videoangebot in den deutschen Markt eingetreten zu sein. Nicht zuletzt dank einer Kooperation mit BILD und COMPUTER BILD war dem damals neuen Streamingdienst die Aufmerksamkeit sicher.

Einst auf gutem Weg

WATCHEVER ermöglichte bei vielen Inhalten erstmals ein legales Streamen und der Zuwachs an neuen Inhalten war eine Zeit lang mindestens zufriedenstellend. Doch seit sich die Gerüchte um einen Netflix-Start in Deutschland verdichteten, verschob sich in den Medien der Fokus auf einen Anbieter, der noch nicht einmal offiziell angekündigt hatte, hierzulande aktiv werden zu wollen. Aber zu spät, andere Onlinevideotheken, darunter auch der Pionier maxdome, wurden meistens nur noch am Rande thematisiert.

Ihr merkt schon, ich hole heute etwas weiter aus, bevor ich mich mit den eigentlichen Neuerungen beschäftige, aber was ich verdeutlichen möchte, ist: Obwohl WATCHEVER bis vor nicht langer Zeit ein inhaltlich und von der Umsetzung bzw. Bedienbarkeit her sehr überzeugendes Angebot vorweisen konnte, galt das Interesse nur noch Netflix und (seit dem LOVEFiLM-Relaunch) Amazon (Prime) Instant Video.

Inhaltlich tat sich allerdings ebenfalls weniger. Vor dem Hintergrund eines verschärften Wettbewerbs um teuere Lizenzen für Filme und Serien war das verständlich, aber warum dann nicht wenigstens die einstigen Ankündigungen zu Eigenproduktionen wahr machen? Denn was das angeht, haben Netflix und Amazon nun wirklich vorgemacht, wie wichtig diese Art von hochwertigen, exklusiven Inhalten ist.

Relaunch 2015: neues WATCHEVER?

Vor ein paar Tagen kündigte WATCHEVER einen großen Relaunch an, doch ein „neues WATCHEVER“ ist dadurch nicht entstanden. Das Design und die Struktur des Angebots wurden großflächig umgebaut, es wirkt moderner und erinnert mit den sehr großen Bildern und der Notwendigkeit, viel am Bildschirm zu scrollen – und auch horizontal navigieren zu müssen – extrem an Netflix.

Die Gruppierung erinnert stark an Netflix | Screenshot: Redaktion
Die Gruppierung erinnert stark an Netflix | Screenshot: Redaktion

Ehrlich gesagt, ich mag es überhaupt nicht und bin schwer enttäuscht, dass WATCHEVER diesen Unsinn mitmacht. Allerdings: Besser als die Benutzeroberfläche von Netflix ist die neue von WATCHEVER in meinen Augen allemal. So gibt es beispielsweise immer noch eine Möglichkeit, sich nur neue Filme oder Serien anzeigen zu lassen. Oder nur solche Videos, die bloß noch für kurze Zeit verfügbar sind. Das ist für mich am wichtigsten, denn ich weiß ja, was ich sehen möchte und muss nur wissen, ob es bei den Neuheiten dabei ist bzw. ob ich es in den kommenden Wochen gucken muss.

Nett anzusehen, aber große Bilder machen das Angebot unübersichtlich | Screenshot: Redaktion
Nett anzusehen, aber große Bilder machen das Angebot unübersichtlich | Screenshot: Redaktion

Das neue Konzept hat (wie bei Netflix und maxdome) offensichtlich einen User im Blick, der nicht weiß, was er will, sondern dem man sagen muss, was er sich angucken soll. Hauptsache große Bilder. Oder lieber noch größere! Dadurch wird das Ganze unübersichtlich. Wer möchte denn im Web ohne Touchscreen horizontal navigieren, um sich einen Überblick über die Episoden einer Serienstaffel zu verschaffen?!

Kein Gesamtüberblick über alle Episoden einer Staffel mehr | Screenshot: Redaktion
Kein Gesamtüberblick über alle Episoden einer Staffel mehr | Screenshot: Redaktion

Hauptsache große Bilder

Da folgt der Anbieter aber einem allgemeinen Trend: Riesige Bilder mit so wenig Text wie möglich – und ständig muss nachgeladen werden. Selbst wenn Text auf einer Seite steht, kann man also nicht mal schnell über den Shortcuts STRG+F ein Suchfeld öffnen und den Begriff zum sofortigen Auffinden eintippen. Nein, man muss scrollen, scrollen, scrollen!

Riesiges Bild statt Hintergrundinformationen | Screenshot: Redaktion
Riesiges Bild statt Hintergrundinformationen | Screenshot: Redaktion

Wenn man die Detailseite zu einem Inhalt in einem neuen Tab öffnet, ist man dort nicht eingeloggt. Wo gibt es denn so etwas?

Immerhin kann man sich bei WATCHEVER umsehen, ohne eingloggt zu sein – und damit auch als Nichtkunde. Das geht bei Netflix nicht. WATCHEVER setzt nun auch stärker als bisher auf Empfehlungen, was sich unter anderem auf der Startseite zeigt.

Knappes Hauptmenü

Das neue Hauptmenü beschränkt sich auf vier Menüpunkte am linken Rand: „Home“, „Kanäle“, „Durchsuchen“, „Meine Watchlist“. Die Menüpunkte „Serien“, „Film“, „Doku“, „Kids“, „Musik“, und „Entertainment“ sind nicht auf der Homepage zu finden. Damit diese Menüpunkte oben rechts erscheinen, muss man erst am linken Rand auf „Kanäle“ klicken.

Um die die jeweiligen Unterpunkte zu den eben genannten Punkten zu sehen, muss man zu „Durchsuchen“ gehen. Dort hätte ich das nicht vermutet, aber okay, jetzt weiß ich es. Schön, dass es die ganzen Sortiermöglichkeiten überhaupt noch gibt! Besser als vor dem Relaunch ist diese fast versteckte Lösung indes nicht.

Nicht ganz logisch

Zudem stört mich die Inkonsistenz im Bedienkonzept: Bei „Serien“, „Film“, „Doku“, „Kids“, „Musik“, und „Entertainment“ erscheinen die weiteren Auswahlmöglichkeiten bereits bei einem Mouseover. Darunter befindet sich die Möglichkeit, sich nur HD-Inhalte anzeigen zu lassen. Dafür gibt es ein Kästchen, das man anklicken kann.

Das Menü oben öffnet sich bei einem Mouseover | Screenshot: Redaktion
Das Menü oben öffnet sich bei einem Mouseover | Screenshot: Redaktion

Möchte man jedoch nach Aktualität oder Sprache sortieren, muss man erst auf die jeweilige aktuelle Auswahl klicken. Beispiel: Um zu sehen, welche alten Inhalte bald nicht bei dabei sind, muss auf „Brandneu“ geklickt werden. Dann öffnet sich eine Liste, in der neben „Brandneu“, „Meist gesehen“, „Neu im Programm“ und „Verfügbar bis“ als Optionen stehen. Warum reicht hier kein Mouseover? Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen „Brandneu“ und „Neu im Programm“?

Dieses Menü öffnet sich erst beim Anklicken der aktuellen Auswahl | Screenshot: Redaktion
Dieses Menü öffnet sich erst beim Anklicken der aktuellen Auswahl | Screenshot: Redaktion

Stichwort Mouseover: Auf der Homepage reicht es mitunter, mit dem Mauszeiger über ein Bild zu gehen, damit ein Ausschnitt als Video (also nicht nur mehrere Bilder) gezeigt werden. Wirkt modern. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass einem das weiterhilft. Irgendeine Szene ganz klein ohne Ton zu sehen, was soll das bringen?

Sorgen die Kanäle für Durchblick?

Ein wesentliche Neuerung sind die „Kanäle“ genannten Rubriken, in denen Inhalte nach Anbietern sortiert werden. Als Zusatzfunktion mag das für manchen User interessant sein, aber als zentrales Strukturelement ist das meiner Einschätzung nach eine ganz schlechte Idee.

Inhalte nach Anbieter-Kanälen sortiert | Screenshot: Redaktion
Inhalte nach Anbieter-Kanälen sortiert | Screenshot: Redaktion

Auch dazu ein Beispiel: Welcher Nutzer in Deutschland würde nach der Serie „Dexter“ in der Rubrik CBS suchen? Selbst in den USA hätten User damit wohl Probleme, denn „Dexter“ wurde ja nicht für CBS (also nicht für den großen Free-TV-Sender) produziert, sondern für den Pay-TV-Kanal Showtime, der einst von Viacom gegründet wurde, aber inzwischen Teil der CBS Corporation ist. Auf Deutschland bezogen wäre es ja auch nicht sinnvoll, Inhalte von VOX unter RTL oder solche von sixx unter ProSiebenSat.1 zu sortieren, weil längst nicht jeder weiß, welcher Sender zu welcher Sendergruppe gehört.

Die Showtime-Serie "Dexter" ist in der CBS-Rubrik zu finden | Screenshot: Redaktion
Die Showtime-Serie „Dexter“ ist in der CBS-Rubrik zu finden | Screenshot: Redaktion

Die Idee, zu einem bestimmten Inhalt ähnliche Inhalte anzeigen zu lassen, ist im Internet und nicht zuletzt in Onlinevideotheken weit verbreitet. Ob das nützlich für den User ist, hängt davon ab, ob die Zuordnung sinnvoll ist. Warum werden als ähnliche Titel zur Serie „Mad Men“ die Serien „The Shield“ und „Hell on Wheels“ oder zu „Battlestar Galactica“ dann „Robin Hood“ und „Merlin“ angezeigt? Wenn man die Zuschauer an die Hand nehmen möchte, sollten solche Empfehlungen besser passen! (Da versagen andere aber genauso!)

Nicht alle Empfehlungen für ähnliche Inhalte passen ... | Screenshot: Redaktion
Nicht alle Empfehlungen für ähnliche Inhalte passen … | Screenshot: Redaktion

Fazit

Zugunsten einer hübscheren Verpackung präsentiert WATCHEVER seine Inhalte jetzt unübersichtlicher, der User hat mehr Arbeit, wenn er sich einen Überblick verschaffen möchte. Immerhin sind wichtige Sortierfunktionen nicht weggefallen, sondern nur schwerer zu erreichen. Das wichtigste Thema wurde beim Relaunch nicht angepackt. Ihr wisst schon, Content is King, es müssen viel mehr neue Inhalte ins Angebot kommen, damit WATCHEVER als echte Netflix-Alternative wahrgenommen wird – gerne Eigenproduktionen. Oder wenigstens Inhalte, die bei der Konkurrenz nicht zu sehen sind, denn viele attraktive Inhalte lassen sich in Deutschland leider immer noch nicht aus legalen Quellen bzw. mit deutscher Synchronisation streamen. Ich hätte da einige Ideen …

Über Oliver Springer 796 Artikel
Seit 2008 bin ich im Hauptberuf Blogger und schreibe für eigene Projekte und im Auftrag zu einer Reihe von Themen, darunter Telekommunikation, Medien, Video-on-Demand, Fernsehen, Kabelanschluss, IPTV, Instant Messaging, Musik und Kaffee. Als Serienfan interessiere ich mich besonders für Onlinevideotheken und Pay-TV. Vor meiner Zeit als Blogger hatte ich 14 Jahre lang als Moderator und Redakteur für den Radiosender JAM FM gearbeitet, wo ich später auch den Internetauftritt betreute.

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