Erfahrungsbericht Entertain – Lohnt sich das IPTV von der Telekom?

MR 303 - Media-Receiver der Deutschen Telekom
MR 303 - Media-Receiver | Bild: Deutsche Telekom

Kann das IPTV-Angebot der Deutschen Telekom in der Praxis überzeugen? Genau diese Frage möchte ich hier auf Grundlage meiner eigenen Erfahrungen beantworten.

Seit gut zweieinhalb Jahren nutze ich das Internetfernsehen der Deutschen Telekom intensiv. Es hat sich als vollwertige Alternative zum Kabelfernsehen erwiesen und zeichnet sich insbesondere durch eine große Programmauswahl aus. Bei HDTV hat die Telekom den Konkurrenten Kabel Deutschland abgehängt – ich habe den direkten Vergleich, da ich zusätzlich HDTV über Kabel Deutschland nutze.

Kurz zum Verständnis: IPTV steht für Internet Protocol Television, was besagt, dass die TV-Signale via Internet zum Kunden kommen. Das macht das Fernsehen nicht komplizierter, im Gegenteil: Mir hat von Anfang an gefallen, wie unkompliziert und komfortabel Entertain funktioniert.

Schneller Internetanschluss ist Pflicht

Wissen muss man als Kunde dazu nur, dass Entertain einen schnellen Internetanschluss der Deutschen Telekom voraussetzt. Inzwischen vertreibt die Telekom ihr TV-Angebot zwar schon mit 16-MBbit/s-DSL-Tarifen, aber das ist mit Einschränkungen – vor allem beim gleichzeitigen Aufnehmen und Ansehen von Programmen und natürlich sonstiger Parallelnutzung des Internetanschlusses verbunden. Ein VDSL-Anschluss sollte es daher schon sein. Sofern technisch möglich, sollte die Wahl auf jeden Fall auf einen 50-MBit/s-Anschluss fallen.

Ein Bündel Glasfaserkabel der Deutschen Telekom
Ein Bündel Glasfaserkabel | Foto: Deutsche Telekom

Ich nutze Entertain mit einem 50-MBit/s-Anschluss. Das ermöglicht immerhin das Aufnehmen von zwei HD-Sendungen gleichzeitig, aber ein drittes HDTV-Programm „live“ gucken ist dann nicht mehr möglich. In diesem Fall reicht es beim dritten Programm nur noch für Standardauflösung.

Nehme ich zwei HD-Sendungen auf gucke ein SD-Programm live bzw. nehme dieses auch noch auf, hat der Internetanschluss aber trotzdem genug Reserven, um beispielsweise am Computer mit Skype in HD zu chatten oder aus einer Onlinevideothek einen Film in HD-Auflösung auf den Smart TV zu streamen.

Noch ein Beispiel aus meiner Erfahrung: Führe ich über den PC parallel mehrere Downloads von HD-Dateien durch, dauert das Umschalten am Entertain-Receiver eine halbe Sekunde länger als sonst bzw. dauert es rund eine halbe Sekunde länger, bis die Bildqualität beim TV-Empfang wieder gut ist. Aufnahmen mit dem Entertain-Receiver wurden durch weitere Internetnutzung allerdings noch nie beeinträchtigt. Insofern besteht kein Anlass, sich während Aufnahmen von Fernsehsendungen bei der sonstigen Internetnutzung zurückzuhalten.

Halten wir fest: Der Fernsehempfang über das Internet ist mit Entertain sehr stabil. Zudem ist die Bildqualität ausgezeichnet. Damit kann ich bestätigen, was verschiedene Fachzeitschriften seit Jahren in ihren Tests feststellen.

VDSL gibt es nicht überall

Der große Schwachpunkt von Entertain ist die begrenzte Verfügbarkeit von VDSL, denn die ist alles andere als flächendeckend gegeben. Wer in einem der großen Ballungsräume oder zumindest in einer Großstadt lebt, hat allerdings gute Chancen, dass VDSL an seiner Adresse erhältlich ist.

Medienevent Netzoffensive | Bild: Deutsche Telekom
Medienevent Netzoffensive | Bild: Deutsche Telekom

Von Anfang an gut gefallen hat mir an Entertain, dass die Telekom zahlreiche Fernsehsender auf ihrer IPTV-Plattform hat, die ich bei Kabel Deutschland nicht empfangen konnte bzw. empfangen kann. Neue Sender sind oft zuerst bei Entertain zu sehen und wenn es eine HD-Version gibt, ist diese in der Regel ebenfalls von Anfang an dabei. Als im Jahr 2012 im Anschluss an die Analogabschaltung beim Satellitenfernsehen zahlreiche öffentlich-rechtliche Programme einen HD-Ableger starteten, speiste die Telekom im Gegensatz zu den großen Kabelnetzbetreibern vom ersten Monat an alle diese HD-Sender ein.

Spätestens seit die Telekom seit Mitte vorigen Jahres das komplette Senderportfolio von Sky anbietet, ist Entertain für Haushalte mit Möglichkeit zum TV-Empfang via Kabel oder Satellit eine attraktive Alternative. Für mich persönlich zählt, dass ich über Entertain weniger bekannte TV-Sender wie ProSieben FUN HD, BonGusto HD, Animal Planet HD, Marco Polo TV HD, SAT.1 emotions HD sowie das erst letzte Woche gestartete GEO Television HD sehen kann.

Im Herbst 2010 ärgerten sich viele der damaligen Entertain-Kunden darüber, dass sie RTL Crime, RTL Living und passion nicht mehr empfangen konnten. Inzwischen sind die drei Pay-TV-Sender der RTL-Gruppe wieder dabei und das sogar in HD.

Preisstruktur ist unübersichtlich

Hinsichtlich Kosten und Paketstruktur ist das IPTV-Angebot etwas unübersichtlich. Das beginnt damit, dass als Basis immer ein Telefon- und Internetanschluss der Telekom benötigt wird und verschiedene Tarife die Basis bilden. Darauf aufbauend können diverse Pay-TV-Pakete sowie die HD-Option gebucht werden. Im Tarif Entertain Premium allerdings sind seit den großen Veränderungen an der Struktur im September 2013 die HD-Option und das TV-Paket HD Start bereits in der Grundgebühr enthalten.

Diverse Rabatte und Freimonate für bestimmte Leistungen erschweren den Preisvergleich. Zudem richtet sich der Monatspreis nicht zuletzt danach, wie schnell der im jeweiligen Gesamtpaket enthaltene Internetanschluss ist. Kurz gesagt: VDSL von der Telekom ist zwar nicht gerade der billigste Weg ins Internet, bietet allerdings meiner Erfahrung nach zuverlässig eine solide Leistung.

Ab rund 50 Euro pro Monat bekommt man neben Telefon und schnellem Internet ein Basisangebot an Fernsehsendern. Ich zahle derzeit fast 80 Euro, weil ich mir eine große Pay-TV-Auswahl leiste. Verbraucherfreundlich zeigt sich das Unternehmen bei der Laufzeit: Zusätzliche TV-Pakete sind monatlich kündbar.

MR 303 in Schwaz und Weiß
Media Receiver MR 303 in zwei Farben | Bild: Deutsche Telekom

In dem Preis ist allerdings neben der Miete für den WLAN-Router die Miete für den (in Schwarz und Weiß erhältlichen) Media Receiver MR 303 enthalten. Eine Mietlösung ist bei solchen Geräten zu empfehlen, weil man sie höchstwahrscheinlich austauschen wird, bevor die monatlichen Beträge sich zu einem Betrag summiert haben, der den jeweiligen einmaligen Kaufpreis übersteigen würde. Nicht zuletzt erhält man im Falle eines Falles ein Ersatzgerät.

Einmal habe ich meinen Media Receiver bereits austauschen lassen, weil sich eine kleine Bildstörung nicht beseitigen ließ. Das ging völlig unkompliziert, ansonsten muss ich leider sagen, dass die Servicequalität schlecht ist. Angefangen bei der Bestellung des Anschlusses bis zu kleinen Änderungen am Tarif musste ich immer wieder die Kundenbetreuung anrufen, weil etwas nicht wie gewünscht ausgeführt wurde. Immerhin waren alle Servicemitarbeiter (mit bestimmt zwei Dutzend habe ich gesprochen!) freundlich und verständnisvoll.

Festplatte ist schnell gut gefüllt

Der Mediareceiver MR 303 trägt wesentlich zu meiner Zufriedenheit mit Entertain bei. Zuerst ein kleiner Minuspunkt, der früher ein Pluspunkt war: Anders als bei seiner Einführung ist die Festplattenkapazität des Receivers von 500 GB heute nicht mehr als besonders groß anzusehen. Mit Blick auf das üppige HDTV-Angebot der Telekom sind 500 GB meiner Meinung nach viel zu wenig. Laut Telekom reicht der Speicherplatz für 310 Stunden TV-Aufnahmen in Standard- und 120 Stunden in HD-Qualität. Bis auf die HD-Versionen der Free-TV-Sender der RTL-Gruppe ist bei allen Aufnahmen ein Vorspulen möglich.

Die großen Stärken des MR 303 sind die einfache Bedienung und die kurze Reaktionszeit. Letzteres muss ich erklären: Bei den meisten Receivern, Set-Top-Boxen und Smart TVs braucht man Geduld bei der Bedienung, denn man kommt nur langsam durch die Menüs. Die ebenfalls von mir genutzten HD-Receiver Sky+ und HD-DVR XL (von Kabel Deutschland) reagieren im Vergleich zum MR 303 deutlich langsamer. Die übersichtliche, sehr gut strukturierte (nicht auf Bilder setzende und daher etwas nüchterne) Benutzeroberfläche des MR 303 ermöglicht im Vergleich ein geradezu butterweiches Gleiten durch die Menüebenen.

Nach Datum sortierte Liste aufgezeichneter TV-Sendungen | Foto: Redaktion
Nach Datum sortierte Liste aufgezeichneter TV-Sendungen | Foto: Redaktion

Sendungen zuverlässig aufzeichnen

Der Media-Receiver nimmt sehr zuverlässig die programmierten Sendungen auf. Im Gegensatz zu meinen Erfahrungen mit verschiedenen Kabelreceivern kommt es nicht zu Störungen bei den Aufnahmen, wenn, während die Aufnahme andauert, eine andere Aufzeichnung oder ein Live-Programm angeguckt wird. Leider lassen sich die Namen der Aufnahmen nicht ändern und können keine Ordner (zum Sortieren) erstellt werden. Wer möchte, kann die Aufnahmen übrigens von unterwegs über eine Smartphone-App programmieren. Das nutze ich nicht.

Sehr praktisch finde ich hingegen die Möglichkeit, am PC über das Internet die Senderliste zu sortieren und dann einfach an den MR 303 übermitteln zu lassen. In übersichtlicher Form (inklusive Senderlogos) ausdrucken lässt sich die Senderliste am Computer dann ebenfalls. Das Sortieren der Senderliste/Favoriten gestaltet sich bei vielen Empfangsgeräten ausgesprochen zäh. Insofern ist das ein echter Komfortgewinn.

Über die rote Taste der Fernbedienung gelangt man zu den Apps | Foto: Redaktion
Über die rote Taste der Fernbedienung gelangt man zu den Apps | Foto: Redaktion

TV-Mediatheken und Onlinevideothek Videoload

Der MR 303 kann eine Reihe von Apps nutzen, aber hier gestaltet sich die Navigation dann doch etwas zäh. Im Einzelfall kann das dennoch interessant sein, so etwa bei der App der Tagesschau, die (wie von vielen anderen Geräten bekannt) Videos mit aktuellen Nachrichten zeigt. Bisher nur angekündigt ist der Zugriff auf die Onlinevideothek maxdome sowie die TV-Mediatheken von ProSiebenSat.1.

Nützlich: Jederzeit aktuelle Nachrichten über die App der Tagesschau abrufen | Foto: Redaktion
Nützlich: Jederzeit aktuelle Nachrichten über die App der Tagesschau abrufen | Foto: Redaktion

Bislang sind mehr als 30 TV-Mediatheken über Entertain zugänglich, darunter Schwergewichte wie die ZDF-Mediathek. Man muss zwar etwas Geduld aufwenden, um sich von Menüebene zu Menüebene zu hangeln, aber zumindest ist das Ganze recht übersichtlich gestaltet und funktioniert ausgesprochen zuverlässig.

Videoload auf dem MR 303 | Foto: Redaktion
Videoload auf dem MR 303 | Foto: Redaktion

Praktisch ist die Integration der zur Telekom gehörenden Onlinevideothek Videoload. So können Entertain-Kunden die Inhalte nicht nur ohne weitere Hardware auf ihren Fernseher holen, der Bezahlvorgang wird ebenfalls ganz einfach über den MR 303 abgewickelt; abgerechnet wird über die monatliche Telefonrechnung. Direkt über den Media Receiver können sich die Kunden außerdem über die buchbaren TV-Pakete nicht bloß informieren – sie können sie direkt per Fernbedienung buchen.

TV-Pakete können direkt am Fernseher bestellt werden | Foto: Redaktion
TV-Pakete können direkt am Fernseher bestellt werden | Foto: Redaktion

Fazit: Sofern VDSL am Wohnort verfügbar ist, bietet das IPTV der Telekom mitunter einiges, was der örtliche Kabelnetzbetreiber nicht im Angebot hat – und was es selbst beim Direktempfang via Satellit nicht gibt. Wer sowieso einen Telefonanschluss mit Festnetz-Flatrate und einen Highspeed-Internetzugang benötigt, zahlt letztlich keinen hohen Aufpreis für das Internet-Fernsehen.

Teuer kann es werden, wenn man das vorbildlich große HDTV-Angebot von Entertain ausschöpfen möchte. Immerhin stehen auch kleine und somit billige Pay-TV-Pakete zur Wahl. Im Verhältnis zur Programmauswahl ist der Festplattenspeicher mit 500 GB inzwischen ziemlich knapp bemessen. Ansonsten bin ich ein zufriedener Kunde.

Bild vom MR 303 – Media-Receiver links oben: Deutsche Telekom

Über Oliver Springer 796 Artikel
Seit 2008 bin ich im Hauptberuf Blogger und schreibe für eigene Projekte und im Auftrag zu einer Reihe von Themen, darunter Telekommunikation, Medien, Video-on-Demand, Fernsehen, Kabelanschluss, IPTV, Instant Messaging, Musik und Kaffee. Als Serienfan interessiere ich mich besonders für Onlinevideotheken und Pay-TV. Vor meiner Zeit als Blogger hatte ich 14 Jahre lang als Moderator und Redakteur für den Radiosender JAM FM gearbeitet, wo ich später auch den Internetauftritt betreute.

3 Kommentare

  1. Hallo Oliver,

    der Kleine ist von der Bedienung identisch zum Großen. Er hat auch die gleiche Fernbedienung. Er hat jedoch kein Display, aber eine Aufnahme-LED. Weiterhin hat er kein eingebautes Netzteil, sondern ein Steckernetzeil. Ein Ein/Aus-Schalter befindet sich an der Rückseite des Gerätes – jedoch kein Wippen-Schalter, wie beim Großen, sondern ein kleiner Druck-Schalter.

    Apropos Aufnahme / Videorecorder: Das funktioniert natürlich nur, wenn sein großer Bruder läuft, da der Kleine keine Festplatte hat.

    Ich habe noch keine Einschränkungen feststellen können, wenn beide Receiver laufen. Es funktioniert alles, als wenn man direkt den MR-303 bedienen würde.

    Wenn man vom dem MR-102 Aufnahmen programmiert, werden diese auch vom 303 aufgezeichnet, auch wenn der 102 ausgeschaltet wird. Der 303 ist halt der Master-Receiver.

    Wenn der 102 allein betrieben wird, funktionieren auch alle Online-Angebote. Beim Zugriff auf den Videorecorder gibt es einen Hinweis, dass der Master-Receiver nicht läuft.

    Ich meine der Zweitreceiver kostet monatlich 4€. Für mich ideal, um auch im Schlafzimmer IP-TV gucken zu können.

    Leider stören aber beide Geräte nicht unerheblich im 2m Amateurfunk-Band 🙁 Aber das betrifft ja nicht die Anwender…

    Gruß Frank

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